Mein Freund, der Fotograf (Gastbeitrag)

Die Schritte der Bildentstehung

(aus Sicht der Freundin)
Geschichten darüber, auf welchen Reisen, Kein Moment der Ruhewelche Fotos entstehen und welche Technik angewendet wurde, sind ja nur die eine Seite der Bildentstehung. Auf einem anderen Blatt steht, wie es den Leuten ergeht, die den Fotografen begleiten. Auch diesen Leuten sollte man Anerkennung zollen, für ihre Geduld und Akzeptanz, die man unfreiwillig auf jedem noch so banalen Spaziergang aufbringen muss. So ein Weg kann ganz schön lang werden…

 

Das Problem

Fotografen sind eine besondere Spezies Mensch. Sie wollen alles sehen und die ganze Welt bereisen, kommen dabei aber nur im Schneckentempo voran, weil man alle zwei Meter stehen bleibt, um den Baum aus dem zehnten Winkel zu fotografieren. Natürlich macht man dann 500 Fotos zu viel, aber dafür ist hoffentlich das Eine dabei. Das ist für Urlaubsfotografen und Familienalbumergänzer schwer zu verstehen. Noch viel schwerer ist es allerdings im schneidenden Wind, bei eisiger Kälte, starkem Regen oder sonstigen Widrigkeiten darauf zu warten, dass das perfekte Foto entsteht. ‚Einen Moment noch‘ wird der größte Feind. Man hat Hunger, muss aufs Klo, friert, aber wenn der Fotograf dieses eine Bild nicht mehr machen durfte, dann verfolgt ihn, und damit auch einen selbst, das noch sehr lange. Weil alle anderen Fotos waren natürlich Mist, man hatte gerade raus, wie man das Objekt am besten fotografiert blablabla. Zu Genüge gehört. Aber dafür hatte ich bisher auch nur Erkältungen und keine Lungenentzündung…
Auf Spaziergängen sehe ich meinen Freund immer nur von Hinten oder weit hinter mir. Eigentlich läuft er nämlich viel schneller als ich, ist also immer mindestens zwei Schritte vor mir, wenn er wirklich mal läuft. Aber dann erfasst der geschulte Blick dieses eine Detail…

Bitte LächelnWeiter geht es dann mit dem Bearbeiten. Schon während der ausgiebigen Fototour weiß ich, dass ich meinen Freund die nächsten Tage nicht mehr sehen werde. Er verzieht sich dann in sein dunkles Kämmerlein und starrt auf einen Bildschirm. Wenn man vorschlägt, dass die Bilder auch später noch bearbeitet werden können, sieht man Erschrecken hinter den Augen des Fotografen herziehen. Der sieht dann nämlich etwas, dass uns Normalos verborgen bleibt. Der Fotograf sieht einen Berg, hoch wie der Everest, an unbearbeiteten Fotos, die in den Tiefen der Festplatten schlummern, weil man sie ’später bearbeiten wollte‘.

Wirklich schlimm wird es aber erst, wenn der Fotograf Porträts machen will und man das einzige erreichbare Opfer ist. Dass man grade absolut keinen Bock hat, künstlich zu lächeln, gibt es nicht. Beziehungsdramen haben sich abgespielt, weil der Fotograf, sicher hinter der Kamera, diese Haltung natürlich nicht verstehen kann. ‚Folge mit dem Blick meiner Hand.‘ ‚Nein mit dem ganzen Kopf.‘ ‚Dreh den Kopf etwas nach rechts.‘ ‚Zu viel.‘ ‚Jetzt Lächeln. Aber echt. So, als würde es dir grade richtig gut gehen.‘ Tut es aber nicht. ‚Mir doch egal, dreh lieber den Kopf weiter nach links.‘

 

Doch letztenendes…

Aber mal ernsthaft. Ich bin froh, dass ich kein Urlaubsfotograf sein muss. Ich hab immer jemanden dabei, der Fotos macht, die man sich hinterher auch wirklich angucken will. Sehenswerte Erinnerungen, über die man sich im Nachhinein immer freut. Und ab und zu mal ein ansehnliches Foto von sich selber zu haben, ist auch ganz nett. Vielleicht kann man einen Zwischenstopp alle fünf Meter dafür ertragen?
Ganz ehrlich, ich bin stolz drauf.

Lea Merschformann

FotografenFreundin-2

3 Kommentare

  1. Detailfotografie oder auch Makro haben einen besonderen Reiz, den die begleitende Menscheit mit dem Kommentar:“s. u.“ abqualifizierte. Naja, ansehen will die Bilder am Ende auch keiner. Warum das Alles? Warum der immense Aufwand an Material und ständig aktuell zu haltendem Wissen? Vielleicht ist das Bild, vor allem das nachbearbeitete Bild nicht das, was wichtig ist. (Sagt der ehemals Analoge, der nie etwas nachbearbeiten konnte/musste) Wichtig ist, dass man etwas gesehen hat, vielleicht sogar etwas entdeckt hat, was beim blossem Vorübergehen belanglos geblieben wäre. Es ist also doch alles nur für einen selber??!!?? Zweifel über Zweifel.

    1. Naja, über das Internet erfreuen sich dann ja doch einige über gelungene Fotos. Und vermutlich liegt darin auch die Lösung. Die Suche nach gleichgesinnten. Und natürlich tut man das in erster Linie für sich selbst. Wie bei eigentlich jedem Hobby (oder eben Beruf)…

  2. nun, vermutlich altersbedingt bin ich kein freund der sozialen medien aber irgendwann stolpert auch der ewig gestrige über die einladung, einen kommentar abzugeben.
    da ist ein junger mensch und seine leidenschaft ist die fotographie. seine neugierde und der blick, was andere vielleicht nicht oder zumindest anders sehen, so fest zu halten, dass es für jedermann wahrnehmbar und erlebbar wird, hat mich begeistert. so habe auch ich mich inspirieren lassen und habe mit den fotographen kleine grenzen überschritten. sich nachts im buga-gelände in koblenz (schon was her) einschließen lassen – das ergebnis: einfach klasse. oder die expedition in die morbide welt verfallener mühlen im mühltal an der mosel (so aktuell, dass die bilder noch nicht online sind). die ergebnisse, kritisch und perfekt ausgewählte bilder sind stets ein genuss und eröffnen einen stets anderen blick auf die dinge.
    ich freue mich schon jetzt auf das nächste album.

    döbo

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